Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Was ist Psychosomatische Medizin?

Psychosomatische Medizin ist spezialisiert auf die Diagnostik und Behandlung von Krankheiten, die im Zusammenspiel von Körper, Seele und sozialen Faktoren entstehen oder aufrechterhalten werden.

 

Welche Erkrankungen werden in der psychosomatischen Medizin behandelt?

  • Körperliche Erkrankungen, die nicht hinreichend erklärt werden können, auch funktionelle Störungen genannt (z. B. Rückenschmerzen, Magenschmerzen, Kopfschmerzen und Reizdarm)
  • Körperliche Erkrankungen, die in der Folge zu belastenden Ängsten oder Depression führen (z. B. Krebs oder Herz-Kreislauferkrankungen)
  • Seelische Erkrankungen, die mit körperlichen Symptomen einhergehen (z. B. generalisierte Angststörung oder viele Arten der Depression)
  • Seelische Erkrankungen, die sich primär in körperlichen Symptomen zeigen (z. B. Fibromyalgiesyndrom und Tinnitus)
  • Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) oder wiederholte Essanfälle
  • Chronische Schmerzen, die sich durch Stress oder eine gedrückte Stimmung verschlechtern

Was macht der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie?

Nach der Diagnostik werden mit den Patienten unter Einbezug seiner Lebensgeschichte und vor dem Hintergrund seiner aktuellen Lebenssituation ein Erklärungs- und ein Behandlungsmodell erstellt. Dementsprechend werden unterstützende Gespräche bei leichteren Störungen oder eine psychotherapeutische Behandlung (einzeln oder in Gruppen) bei schwereren Erkrankungen empfohlen. Diese können medikamentös ergänzt werden.

Fachärztinnen und Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie haben nach dem 6-jährigen Studium der Humanmedizin eine 5-jährige Weiterbildung durchlaufen und diese mit einer Prüfung bei der jeweiligen Landesärztekammer abgeschlossen.

 

Wer erbringt Psychosomatische Medizin?

Psychosomatische Medizin ist ein eigenes Fachgebiet, das sehr vielen Patienten in den unterschiedlichsten Lebensbereichen helfen kann, weil letztlich fast alle Erkrankungen auch psychosomatische Aspekte haben. Daher haben alle Ärztinnen und Ärzte in ihrem Studium Grundkenntnisse in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie erworben. Die Patientinnen und Patienten in Deutschland profitieren zudem von einem einzigartigen Stufensystem, in dem die sogenannte Psychosomatische Grundversorgung von sehr vielen Ärztinnen und Ärzten, z. B. Allgemeinmedizinern oder Frauenärzten erbracht wird. Ärzte mit der Zusatzweiterbildung Psychotherapie bzw. Psychoanalyse dürfen darüber hinaus gezielte Psychotherapie anbieten. Fachärztinnen und -ärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie verfügen über die umfangreichste und qualifizierteste Weiterbildung in Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie sowie über umfassende Kenntnisse in der Einzel-, Gruppen-, Paar- und Familientherapie.

Was ist Psychotherapie?

Psychotherapie bezeichnet allgemein die gezielte Behandlung psychischer oder psychisch bedingter körperlicher Erkrankungen mit Hilfe von therapeutischen Gesprächen oder Übungen. Die Kosten hierfür werden von allen gesetzlichen und je nach Vertrag auch von privaten Krankenversicherungen übernommen, wenn die Behandlung von entsprechend ausgebildeten Fachärzten / Therapeuten in einem Verfahren mit gesicherter Wirksamkeit durchgeführt wird. Diese sind die

  • Verhaltenstherapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Analytische Psychotherapie
  • Systemische Therapie (ab 01.07.2020)

Verhaltenstherapie

basiert auf der Annahme, dass psychische und psychosomatische Erkrankungen eng mit erlernten und gut veränderbaren Prozessen zusammenhängen. Nach der Analyse der Bedingungen, welche die Symptome auslösen oder aufrechterhalten, werden diese in gezielten Interventionen verändert, so dass die Krankheitssymptomatik Schritt für Schritt reduziert oder bewältigt werden kann. Neue Verhaltensweisen, gedankliche Strategien und Problemlösefähigkeiten werden erprobt und trainiert. Die Verhaltenstherapie wird in der Regel mit einer Wochenstunde durchgeführt. Bei einigen Krankheitsbildern (beispielsweise Angsterkrankungen und posttraumatische Belastungsstörung) können auch mehrstündige Blocksitzungen mit Übungen in der realen Angstsituation sinnvoll sein.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

beruht auf der Erkenntnis, dass in der Kindheit entstandene und heute unbewusst (weiter) wirksame Konflikte und Prozesse das Erleben und Verhalten eines Menschen entscheidend beeinflussen und oft zu seelischen und körperlichen Symptomen führen. Im Zentrum der Behandlung stehen der aktuelle Konflikt und die akut im Lebensumfeld wirksamen Beziehungsmuster, die im Rahmen der Therapie gemeinsam betrachtet und, wenn nötig, bearbeitet werden können. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird in der Regel mit einer Wochenstunde durchgeführt.

Analytische Psychotherapie

basiert auf den gleichen Erkenntnissen wie die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Die therapeutische Arbeit ist hier deutlich intensiver, unbewusste Beziehungsmuster werden zugänglich. Um einen besseren Zugang zu seinem inneren Erleben zu bekommen, kann der Patient oder die Patientin auch auf der Couch liegen. Die analytische Therapie ist eine Langzeittherapie mit bis zu drei Therapiestunden pro Woche.

Systemische Therapie

versteht psychische Störungen unter besonderer Berücksichtigung von Beziehungen im jeweiligen „Bezugssystem“. Neben der Sicht auf Belastendes stehen die Nutzung eigener Kompetenzen und Fähigkeiten der Patientin oder des Patienten bzw. ihres oder seines Umfeldes im Mittelpunkt. Die Therapie orientiert sich an den Aufträgen und Anliegen der Patientinnen und Patienten. Ziel ist es, symptomfördernde Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Bewertungen umwandeln zu helfen und neue, gesundheitsfördernde Lösungsansätze zu entwickeln. In die Therapie können Lebenspartnerinnen und Lebenspartner oder andere wichtige Bezugspersonen einbezogen werden. Die Systemische Therapie im Mehrpersonensetting, die dann beispielsweise gemeinsam mit der Kernfamilie oder der erweiterten Familie stattfindet, nutzt die Angehörigen als Ressource für die Behandlung und die Veränderung von bedeutsamen Beziehungen und Interaktionen.

Alle Verfahren

können zunächst auch in Form einer Kurzzeittherapie mit bis zu 2 mal 12 Sitzungen stattfinden. Alle Psychotherapieverfahren werden sowohl als Einzeltherapie als auch als Gruppentherapie angeboten. Letztere ist von großem Vorteil, wenn gruppendynamische Prozesse genutzt werden sollen. Das Feedback der verschiedenen Gruppenteilnehmer wird hier in besonderer Weise genutzt.

Neben der ambulanten Therapie gibt es auch die Möglichkeit von verschiedenen stationären Behandlungen:

(Teil-) Stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung

kommt in Frage, wenn eine Krankheit nach Art oder Schwere ambulant nicht zu behandeln ist. Stationäre Therapien können in Krankenhäusern oder Krankenhausabteilungen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder in entsprechend qualifizierten und fachärztlich geleiteten Abteilungen psychiatrischer Krankenhäuser durchgeführt werde.

(Teil-)stationäre Therapien werden in Tageskliniken durchgeführt. Sie unterscheiden sich durch das deutlich dichtere therapeutische Angebot und vielfältige Therapieverfahren (multimodale Therapie). Diese werden je nach Klinik eher tiefenpsychologisch fundiert oder eher verhaltenstherapeutisch angeboten, beziehen aber in der Regel alle wissenschaftlich anerkannten Therapieverfahren in ein Gesamtkonzept mit ein. Krankenhausbehandlungen bestehen aus intensiven und abgestimmten Therapieangeboten mit ständiger Verfügbarkeit von Ärzten und Pflegepersonal sowie die Herausnahme aus einem möglicherweise belastenden häuslichen bzw. beruflichen Umfeld. In der Tagesklinik dagegen nehmen Patienten tagsüber an einem intensiven Therapieangebot teil, übernachten aber zu Hause und können so die in der Therapie angeregten Veränderungen unmittelbar in den Alltag übertragen und erproben. Die (teil-) stationäre Krankenhausbehandlung wird von den Krankenkassen nach Einweisung durch einen Arzt übernommen.

Rehabilitationsbehandlungen

sind besonders geeignet bei chronischen Erkrankungen, zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit (berufliche Rehabilitation) und zur Klärung der Notwendigkeit einer Berentung. Sie können in Psychosomatischen Rehabilitationskliniken ebenfalls sowohl teil- als auch vollstationär durchgeführt werden. Eine Rehabilitation muss je nach Zuständigkeit bei der Krankenkasse oder der Rentenversicherung beantragt werden.

Wo hilft Psychosomatische Medizin?

 

Entspannungsstrategien gegen den Spannungskopfschmerz

Herr A. leidet in einer familiären Belastungssituation immer öfter unter Spannungskopfschmerz, gedrückter Stimmung und Selbstzweifel. Er sucht einen Facharzt für Psychosomatische Medizin auf, der ihm in etwa 20 wöchentlich stattfindenden Therapiesitzungen ein Entspannungsverfahren und Strategien zur Stressbewältigung vermittelt. Er lernt, offener über seine Gefühle zu sprechen und kann so die familiäre Konfliktsituation bewältigen. Der Kopfschmerz verschwindet auch ohne Tabletten fast völlig.

Jahrelange Unterbauchschmerzen

Frau B. leidet seit Jahren an Unterbauchschmerzen. Nach zahlreichen Untersuchungen mit einer Bauchspiegelung sowie reduzierter Lebensqualität weist ihre Frauenärztin sie in eine Psychosomatische Klinik ein. Zunächst fällt es Frau B. schwer, Zusammenhänge zwischen ihrer Lebensgeschichte, aktuellen Problemen, Stress und Schmerzen zu sehen. Durch die Gespräche mit der Ärztin und in der Gruppentherapie beginnt sie zunächst, schmerzverstärkende, dann schmerzverursachende Faktoren zu erkennen. Insbesondere Konflikte in ihrer Partnerschaft wirken sich schmerzverstärkend aus; in einem Paargespräch spricht sie Belastendes aus und entwickelt mit der Ärztin Veränderungsideen. Im ersten Schritt hat sie Kontrolle über ihre Schmerzen zurückerlangt und erlebt sich weniger hilflos. Sie beginnt eine ambulante Therapie.

Angst vor dem zweiten Infarkt

Frau C. hatte vor einem Jahr einen Herzinfarkt. Medizinisch ist alles problemlos verlaufen, aber seitdem lebt sie nur noch in der Angst vor einem neuen Infarkt, traut sich nichts mehr zu und verlässt kaum noch das Haus. Arbeitsunfähigkeit besteht seit einem Jahr. In einer Psychosomatischen Rehabilitationsklinik lernt sie, ihrem Körper wieder zu vertrauen und kann schließlich mit Hilfe einer stufenweisen Wiedereingliederung an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

Arztsuche

Einen Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ihrer Nähe finden Sie durch die Arztsuche auf der Website der Neurologen und Psychiater im Netz:
 

Weitere Informationen

Informationsmaterial zum Fachgebiet und zum Profil des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie finden Sie auf der Website des Berufsverbands der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (BPM) e.V.

Was machen eigentlich die Fachärzte für …?

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